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daß Ravolzhausen und Rüdigheim die erste Mittelpunktschule im ehemaligen Landkreis Hanau bauten? Wissen Sie auch noch, wie es vorher war in unseren alten und verbrauchten Dorfschulen?
Erdkundeunterricht in der alten Schule (Lehrer Schwarz; Rüdigheim), 1952
1952 machte ein in der Presse veröffentlichter Bericht über eine Besichtigungsfahrt des Kreiselternbeirates mit Landrat Voller und Schulrat Simdorn die katastrophale Lage an vielen Schulen publik.
In der Frankfurter Neuen Presse heißt es am 28. 8. 1952:
“. . . 10.30 Uhr: In Rüdigheim präsentiert sich die Kehrseite der Medaille. Die beiden Klassenräume sind noch annehmbar, aber die Lehrerwohnungen im Schulhaus verursachen Kopfschütteln. pem einen Klassenraum gegenüber wohnt ein Lehrer mit seiner fünfköpfigen Familie in einem schmalen Zimmer, das als Arbeits-, Aufenthalts- und Abstellraum dient, in einer Notküche und einem Schlafzimmer, in dem fünf Betten stehen. Der Schulhof ist teils mh Kopfstein gepflastert, teils bloßer Lehmboden. Bretterschuppen machen ihn zu einem Lagerplatz. . .”
Alle Versuche in den folgenden Jahren, die Verhältnisse entscheidend zu bessern, Bau eines Lehrerwohnhauses, Einbau einer Ölheizung, Herrichtung eines dritten Schulsaales (im ersten fiel kurz darauf die Decke herunter), befriedigten nicht. Es mußte etwas grundsätzlich Neues geschaffen werden, um der Schule eine solide Basis für erfolgreiche Arbeit zu schaffen.
Als im Juli 1957 eine Sachverständigenkommission der Regierung und des Landkreises die Schule besichtigte, schlug einer der bei den Rüdigheimer Lehrer angesichts der geringen Entfernung zwischen Ravolzhausen und Rüdigheim und den ebenfalls schwierigen Schulverhältnissen in Ravolzhausen vor, zwischen beiden Orten eine gemeinsame Schule zu bauen. Die Regierungsvertreter waren damit sofort einverstanden und ermittelten die Zustimmung der beiden Bürgermeister Klehm und Diegel. Leider scheiterte zunächst das Vorhaben, weil die Gemeindevertretung von Rüdigheim am 5. September 1957 den Finanzierungsplan der Regierung wegen der FinanzSchwäche der Gemeinde ablehnte. Aber die Vorstellung von einer nelfen, schönen und kindergerechten Schule hatten die Gemüter aller Betroffenen (und wer fühlte,sich damals nicht betroffen?) doch schon zu stark bewegt, um wieder untergehen zu können.
Zitate aus einem Brief der Rüdigheimer Lehrer vom September 1957 an den Bürgermeister und den Vorsitzenden der Gemeindevertretung von Rüdigheim:
“. . . Nun ist aber in naher Zukunft die Einführung des 9. Schuljahres zu erwarten, die Einführung des 10. wird vorbereitet. Außerdem ist mit der Herabsetzung der Schülermeßzahl, sie beträgt gegenwärtig 55 Schüler für einen Lehrer, zu rechnen.
Die Fünftagewoche wird in naher Zukunft auch in den Schulen verwirklicht werden.
Die Kinder werden dann auch nachmittags die Schule besuchen müssen. Das alles bedeutet aber, daß es in Rüdigheim nicht bei zwei Klassen und zwei Lehrern bleiben wird. Es ist dann mit drei bzw. vier Klassen zu rechnen. Wo sollen diese untergebracht werden? Es müßte dann angebaut werden, was bei den gegebenen Bauund Grundstücksverhältnissen sehr schwer sein dürfte. Oder man müßte zum Schichtunterricht zurückkehren. Wer will aber das verantworten? Außerdem: Die neuen Bildungspläne verlangen den Werkunterricht für die Knaben und den Hauswerkunterricht für die Mädchen. Dazu sind notwendig ein Werkraum, eine Küche und ein Handarbeitsraum, denn es ist doch wohl einleuchtend, daß dieser Unterricht nicht in den üblichen Klassenräumen durchgeführt werden kann. Des weiteren sind die Einrichtung eines Lehr- und Lernmittelzimmers und eines Lehrerzimmers unumgänglich. Wie sollen diese Räume in einem so verbauten und unzweckmäßigen Gebäude wie dem unsrigen eingerichtet werden? . . . Im Hinblick auf. . . die sanitären Anlagen ist das Adjektiv “himmelschreiend” fast noch ein Kompliment.
Der Kauf neuer Schulmöbel ist unumgänglich geworden. Ein Hinauszögern dieser Angelegenheit bedeutet, daß die Haltungsschäden unserer Kinder noch weiter zunehmen. . . Die Frage, wo unsere Kinder bei schlechtem Wetter turnen sollen, muß in diesem Zusammenhang auch gestellt werden. . . Der Erfolg des Schulturnens, die Ärzte weisen immer wieder darauf hin, hängt von seiner Regelmäßigkeit ab, es muß also unabhängig vom Wetter durchzuführen sein . . . Die von der Gemeinde nach Ablehnung der Gemeinschaftsschule geplanten Maßnahmen sind, verglichen mit den hier aufgezählten wirklichen Bedürfnissen der Schule, nur Stückwerk und hätten zur Folge, daß Jahr für Jahr neue Improvisationen notwendig wären und ständig bedeutende Mittel aufgebracht werden müßten, wenn von der Gemeinde wirklich ein ordnungsgemäßer Unterrichtsbetrieb angestrebt wird. Es ist sehr zu bezweffeln, ob das Endergebnis in finanzieller und schulischer Hinsicht besser sein kann als der Neubau einer Gemeinschaftsschule Rüdigheim/Ravolzhausen . . . Ein für die Rüdigheimer Schulkinder notwendiger Schulweg könnte mit Hilfe des Straßenbauamtes als Fußgängerweg neben der Landstraße Rüdigheim-Ravolzhausen angelegt werden. . .
. . . begründete Aussichten auf eine vollausgebaute Schule, in der jeder Jahrgang von einem Lehrer unterrichtet wird. Die Schularbeit würde eine außerordentliche Intensivierung dadurch erfahren. Es wäre möglich, die Lehrer auch in verstärktem Maße in solchen Fächern einzusetzen, für die sie eine besondere Begabung aufweisen . . . Die Entscheidung muß so ausfallen, daß sie auch vor der Kritik der späteren Generationen bestehen kann. . . “.
Die in diesem Brief geäußerten Meinungen waren nicht nur die der Lehrer, sie waren weithin allgemeine Meinungen geworden und begünstigten die Verhandlungen, so daß am Xl. 11. 1957 der Hanauer Anzeiger aus Rüdigheim melden konnte:
Gemeinsame Schule beschlossen. . . Für unsere Gemeinde bliebe noch ein anteiliger Betrag, der niedriger ist als die berechneten Kosten für die Instandsetzung der alten Schule. . . Die geplante Schule soll nach den neuesten Gesichtspunkten im Pavillonstil erbaut werden. . .
Hanauer Anzeiger 6. 12. 1957:
Der erste Schritt glücklich getan. Entwurf zum Neubau der Mittelpunktschule ausgewählt . . . Den ersten Preis erhielt Architekt Friedrich Dietz, Hanau . . .
Und am 30. 9. 1961 schließlich konnte die gleiche Zeitung melden:
Die Kinder zogen in die neue Schule. Großer Fackelzug als Auftakt - Auch das Fernsehen fehlte nicht. .
Mit einem großen Fackelzug feierten gestern abend die Schulkinder von Ravolzhausen und Rüdigheim die Einweihung ihrer neuen Schule . . . Hunderte säumten. . . schon in den Ortsstraßen den Weg, als die Kinder, begleitet von den Spielmannszügen aus Langenselbold und Marköbel, nach der neuen Schule zogen.
Festzug zur Mittelpunktschule, 29.09.1961
Am Eingang der Schule trafen dann beide Züge zusammen und zogen gemeinsam in die Schule ein. Hier hatten sich etwa 1500 Besucher eingefunden, um Zeuge dieses feierlichen Augenblicks zu werden . . . Bürgermeister Klehm (schloß) seine Ansprache mit den Worten: “Mögen diese Schule den Kindern das Rüstzeug vermitteln, das sie für ihren weiteren Lebensweg brauchen, und möge ein glücklicher Stern über dieser Schule stehen”.
Warum haben wir dem Thema Schule hier so viel Raum gewidmet? Die Mittelpunktschule, die den Namen des verstorbenen Schulrats Erich Simdorn trägt, ist das erste größere gemeinsame Vorhaben der Gemeinden Ravolzhausen und Rüdigheim, die sich genau 10 Jahre nach diesem Werk zur Gemeinde Neuberg zusammenschlossen, und weil es’ alle diejenigen Lügen strafte, die behauptet hatten, Ravolzhausen und Rüdigheimer würden sich niemals vertragen lernen.
Friedrich Schwarz